Familie Josef Wolff

Der Zahnarzt Josef Wolff  ist am 27.12.1887 in Zell am Main geboren. Sein Vater, der Kaufmann Lippmann Wolff, stammte aus Steinach an der Saale und betrieb in Zell am Main eine Fabrikation für Tinten, Farben und Steindruckwalzen. 

Sohn Josef eröffnete 1912 in Gunzenhausen eine Zahnarztpraxis. Zwei seiner Schwestern arbeiteten bei ihm als Zahntechnikerinnen, Sara Wolff von 1912 bis 1916 und Helene von 1913 bis 1917. Auch die Eltern waren 1914 nach Gunzenhausen gezogen, wo Lippmann Wolff jedoch noch im selben Jahr am 24. Dezember starb.

Nachdem Tochter Sara 1917 den wohlhabenden Möbel- und Antiquitätenhändler Sigmund Seligsberger aus Würzburg geheiratet hatte, zog ihre Mutter Rachel wenig später zu ihr in das große Haus am Johanniterplatz in Würzburg, wo sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1937 lebte.

Josef Wolff hat am 14.07.1916 Lilly Badmann, geb. am 14.04.1895 als Tochter von Nathan Badmann und Bertha Meier in Oettingen, geheiratet.

Das Ehepaar bekam drei Kinder:

  • Röschen Ruth * 27.05.1917 in Gunzenhausen
  • Rivkah Hannah * 16.05.1918 in Gunzenhausen
  • Elieser * 27.10.1919 in Gunzenhausen
Familie Wolff um 1920 © Mike Hewson

Doch im Alter von erst 38 Jahren stirbt Josef Wolff am 08.06.1926 in einem Sanatorium in Bayreuth an Herzlähmung. Schon zwei Monate nach seinem Tod werden die beiden Töchter Ruth und Hannah von ihrer Oma Rachel und der Tante Sara Seligsberger nach Würzburg geholt, wo sie etwa zehn Jahre bleiben werden.

Die Mutter Lilly versucht zunächst die Praxis weiter zu führen, doch noch im selben Jahr verlässt sie Gunzenhausen und zieht mit ihrem siebenjährigen Sohn Elieser nach Oettingen zu ihrer Mutter. Nach deren Tod 1931 geht sie mit Elieser nach Nürnberg und übergibt ihn ein Jahr später dem jüdischen Waisenhaus Fürth. Der Grund dafür ist nicht bekannt, es wird Berufstätigkeit oder auch Krankheit vermutet. Aber sie erhält mehrfach finanzielle Unterstüzung von ihrem Würzburger Schwager Sigmund Seligsberger. Um 1939 ist Lilly Wolff in Frankfurt gemeldet. Von dort wird sie 1941 nach Lodz deportiert und im April 1942 ermordet.

Schon 1936 war es dem 16jährigen Eliser gelungen, das Waisenhaus zu verlassen und nach Palästina auszureisen. Dort ließ er sich zum Polizisten ausbilden und wurde später Polizeioffizier in Jerusalem.

Nachdem er jahrelang mit Willy Hilpert, dem ehemaligen Bürgermeister von Gunzenhausen, brieflich in Kontakt gestanden hatte, besuchte er fast 60 Jahre nach der Emigration mit seiner Frau Hasida Gunzenhausen. Im Altmühl-Boten stand darüber ein Artikel.

Aus Altmühl-Bote Nr. 168, am 23.07.1994

2004 ist Elieser Wolff verstorben, seine Frau Hasida im Jahr 2012. Das Ehepaar hat die Töchter Lea und Anad.

Eliesers Schwestern, die als Pflegetöchter bei der Tante Sara Seligsberger in Würzburg aufgewachsen sind, gelingt es ebenfalls, Deutschland noch rechtzeitig zu verlassen. Ruth macht eine Ausbildung zur Säuglingsschwester und kann 1937 nach Palästina auswandern. Dort heiratet sie 1956 den aus Freiburg stammenden Werner Hemmerdinger. Sie bleibt mit ihrer Familie in Israel und verstirbt dort im Jahr 2010. Das Ehepaar hat die Tochter Orit.

Hannah Wolff um 1940 © Mike Hewson

Auch Hannah Wolff emigriert 1937 nach Palästina und ist dort bald als Kinderkrankenschwester in einem Kibbuz tätig. Während des Krieges arbeitet sie in Ägypten für die britische Armee und lernt dort den britischen Offizier Charles John Hewson kennen. Sie heiraten und leben nach dem Krieg zunächst in England.  Im Jahr 1957 wandern sie zusammen mit ihren beiden Söhnen Michael und John  nach Kanada aus. Ihr Mann verstirbt schon 1967, Hannah lebt bis 2013. Der Sohn Michael hat uns freundlicherweise die Veröffentlichung der Familienbilder erlaubt. 

Sigmund und Sara Seligsberger sind im Vernichtungslager Sobibor ermordet worden, ihr Sohn Ernst in Auschwitz. Da auch von den übrigen Familienmitgliedern keiner das Dritte Reich überlebt hat, gilt die ganze Würzburger Familie Seligsberger als ausgelöscht.

So wurden die drei Kinder von Josef Wolff zusammen mit den Kindern ihres Onkels Max die Erben des Seligsberger Vermögens, das sie einige Jahre nach dem Krieg im Zuge der Restitution erhielten.

Quellen:

Stadtarchiv Gunzenhausen, Personendokumentation der jüdischen Einwohner von Gunzenhausen, erstellt von Werner Mühlhäußer.

Rotraud Ries (Hg.), Seligsberger - Eine jüdische Familie und ihr Möbel- und Antiquitätenhaus. Begleitpublikation zur Ausstellung im Johanna-Stahl-Zentrum und im Mainfränkischen Museum Würzburg, 28.10.2015 - 18.03.2016. Unter Mitarbeit von Nina Gaiser, Bettina Keß und Claudia Lichte, Würzburg 2015.