Familie Dr. Arnold Kurzmann

Dr. Arnold Kurzmann, geb. am 19.03.1876  in Obbornhofen, unterrichtete von 1917 bis 1931 als Realschullehrer in Gunzenhausen. Er war verheiratet mit Sofie Engländer, geb. am 08.11.1875 in Delmenhorst.
Das Ehepaar hatte einen Sohn:

  • Siegfried, geb. am 11.11.1912  in Nürnberg. Dieser legte im April 1932 in Nürnberg die Prüfung als Dolmetscher in spanischer Sprache ab. Die Familie wohnte zunächst in der Hensoltstraße 19  bei Familie Raphael Seeberger  und später im Haus Schillerstraße 8.
Schillerstraße 8 (heute)
Schillerstraße 8 (heute)
Alte Realschule Gunzenhausen 1907  © Gunzenhausen in alten Ansichten von W. Lux
Alte Realschule Gunzenhausen 1907 © Gunzenhausen in alten Ansichten von W. Lux
4. Realschulklasse Gunzenhausen mit Klassenleiter Arnold Kurzmann Schuljahr 1927/28
4. Realschulklasse Gunzenhausen mit Klassenleiter Arnold Kurzmann Schuljahr 1927/28 © Frieda Schmidt, Gunzenhausen, STAGUN mit Veröffentlichungsrecht

Im Jahr 1930 bekam Dr. Arnold Kurzmann als jüdischer Lehrer an der Realschule in Gunzenhausen Probleme mit einigen christlichen Schülern, die in dem antisemitischen Wochenblatt "Der Stürmer" ausgeschlachtet wurden. Drei Jahre vor Beginn der NS-Diktatur hatte er noch den Mut, gerichtlich dagegen vorzugehen.

Amtliche Bekanntmachung 1932

"Großes Aufsehen erregte Anfang der 30er Jahre ein Prozess des Gymnasialprofessors Arnold Kurzmann aus Gunzenhausen gegen den Schriftleiter des "Stürmers", Karl Holz. In einem Artikel in der Nr. 14 des Jahres 1930 wurde dem Juden Kurzmann der Vorwurf gemacht, dass er in der hiesigen Realschule, als die Rede von Christus als dem "Lamm Gottes" war, gesagt habe: "Man würde besser  'Schaf Gottes' sagen, denn es müsse schließlich doch einmal aus einem Lamm ein Schaf werden." Der fragliche Artikel behauptete in Beziehung auf Kurzmann, dass dieser als Lehrer vor den ihm anvertrauten Schülern in beschimpfender Äußerung Christus gelästert habe.

Kurzmann bestritt diese Äußerungen und hatte Strafantrag gestellt. Der Fall wurde von örtlichen nationalsozialistischen Kreisen weidlich ausgeschlachtet. Schülerinnen und Schüler der Klasse mussten als Zeugen vor dem Schwurgericht aussagen. Die Verhandlung vom 15. bis 19. Oktober 1931 ist im Altmühl-Boten fast wörtlich wiedergegeben. Holz wurde schließlich wegen übler Nachrede zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Urteil wurde am 14. Juli 1932 im Altmühl-Boten bekannt gemacht.

Kurzmann hatte sich bereits zum 1. September 1931 nach 14-jähriger Tätigkeit an die Oberrealschule Fürth versetzen lassen, was der Altmühl-Bote in einer Meldung vom 1. August 1931 lebhaft bedauerte. In der Gerichtsverhandlung hat der Professor geäußert, dass ein Kesseltreiben im Gange wäre. In seiner Wohnung hätte man, nach einem anderen Prozesss in ähnlicher Sache, sämtliche Fenster mit Steinen eingeworfen."

Quelle: „Reichskristallnacht. Verdrängt und Vergessen. Auf den Spuren der Judenverfolgung in Gunzenhausen.“ Hrsg. SPD-Ortsverein Gunzenhausen, 1988

Auch in der Zeitschrift ‚Der Israelit’ wurde am 12. Februar 1931 über den Fall berichtet:

"München, 25. Januar (1931). Die sozialdemokratische 'Münchener Post' berichtet u.a. Das fränkische Städtchen Gunzenhausen ist ziemlich von Juden bevölkert. Dort ist für die Hass- und Hetzapostel vom Hakenkreuz ein guter Agitationsboden. Unter der unreifen Schuljugend findet der 'Stürmer' mit seinem antisemitisch-erotisch-pornographischen Inhalt guten Absatz. In der  Gunzenhausener Realschule  wurden jüdische Lehrer von ihren Schülern geradezu bespitzelt. Da las man, der Lehrer habe Chr. beleidigt. Nun setzte ein regelrechtes Kesseltreiben gegen den jüdischen Lehrer ein.  Prof. Kurzmann wurde auf der Straße angepöbelt. Die 'gebildeten' Teil des Kleinstadtpöbels gebärdeten sich am tollsten. Bis endlich infolge Klage des Lehrers gegen das Hakenkreuzblättchen 'Oberbayerische Rundschau' die Sache vor das Schwurgericht kam. Inzwischen hatte eine Ernüchterung Platz gegriffen. Nicht ein einziger der 17- bis 18-jährigen - inzwischen schulentlassenen Zeugen wagte es, unter Eid zu behaupten, dass Kurzmann die Äußerung im Zusammenhang mit Chr. getan habe. Die Hauptzeugin, eben jene Schülerin, an die der Ausspruch adressiert war, erklärte auf das Bestimmteste, dass die Äußerung nicht in dem angegebenen Sinne gefallen sei. Somit bracht der Wahrheitsbeweis des verantwortlichen Redakteurs völlig in sich zusammen. Der Staatsanwalt beantragte einen Monat Gefängnis. Das Gericht verkündete 150 Mark Geldstrafe." 

Arnold Kurzmann lebte ab 1931 mit seiner Familie in Fürth.

Ronald Langer vom Stadtarchiv Fürth teilte uns im Mai 2013 mit, dass Dr. Arnold Kurzmann lt. Eintrag  am 07.02.1936 in Fürth vor seiner Wohnung in der Nürnberger Straße 134 einen Unfall erlitten habe. Auf der Sterbeanzeige sei vermerkt, dass er um 17:45 Uhr auf dem Transport ins städtische Krankenhaus verstarb. Als Todesursache seien ein Wirbelsäulenbruch und multiple Schädelbrüche angegeben.

Seine Frau Sophie hat sich am 11.10.1937 nach Schifferstadt abgemeldet, der gemeinsame Sohn Siegfried bereits am 16.07.1934 nach Amsterdam. Zum Tod von Stud.-Prof. i. R. Arnold Kurzmann (1936)  erschien ein Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. März 1936:

"Zum Gedächtnis von Professor Arnold Kurzmann.
Durch einen Verkehrsunfall ist am Abend des 7. Februar Herr Studienprofessor i. R Arnold Kurzmann, Fürth in Bayern, kurz vor Vollendung seines 60. Lebensjahres, jäh aus dem Leben gerissen worden. Mit seiner Gattin, seinem Sohne und seinen Geschwistern trauert ein großer Kreis von Freunden und Verehrern um den vorzeitigen Heimgang dieses ausgezeichneten Mannes. In seinem amtlichen Dienst als Lehrer für neuere Sprachen an den bayerischen höheren staatlichen Lehranstalten erfreute er sich hohen Ansehens bei seinen Amtsgenossen, Direktoren und Behörden und seine zahlreichen Schüler haben ihm Anhänglichkeit und treues Gedenken stets bewahrt. Mit dem Jahre 1933 schied er aus dem aktiven Dienst seines Lehramtes an der Oberrealschule Fürth in Bayern."