Familie Bernhard Bermann

Bernhard Bermann, Handelsmann, geb. am 03.06.1849 in Markt Berolzheim als Sohn von Nehemia und Karolina Bermann, war verheiratet mit Johanna Neuburger aus Thalmässing. Sie war die Tochter des Handelsmannes Josef Veis Neuburger und dessen Ehefrau Maria Mina, geb. Süß aus Regensburg.

Bernhard und Johanna Bermann hatten acht Kinder

1. David, geb. am 02.07.1879 in Gunzenhausen, wird am 18.11.1902 bei Viechtach ermordet. (Mehr dazu siehe ganz unten)

2. Viktor, geb. am 25.04.1881 in Gunzenhausen, ist im 1. Weltkrieg als Soldat am 16.08.1916 am Maurepas in Frankreich gefallen.

3. Sigmund, geb. am 29.07.1882 in Gunzenhausen, bleibt als Schuhhändler in der Stadt und heiratet 1920 Lina Lemle, geb. am 12.01.1894 in Fischach. Beide sind im KZ Piaski verschollen und wurden 1945 für tot erklärt.

4. Sophia, geb. am 14.01.1884 in Gunzenhausen, heiratet 1906 den Viehhändler Leopold Firnbacher in Regensburg. Das Ehepaar hat drei Kinder. Im April 1907 wurde Max geboren, 1909 Tochter Irma und im April 1924 der jüngste Sohn Fritz. Leopold Firnbacher stirbt 1937 eines natürlichen Todes und ist in Regensburg begraben. Sophia lebt noch 1939 in Regensburg. Nach Angaben ihres Enkels Leigh Firn wurde sie am 3. April 1942 von Regensburg nach Polen in das Lager Piaski transportiert. Von dort kam am 13. April 1942 ihre letzte Nachricht. Über ihr weiteres Schicksal gibt es keine Unterlagen, aber auf dem damaligen jüdischen Friedhof in Piaski wurden mehrere tausend Juden ermordet. Es wird daher vermutet, dass auch sie dort ums Leben gekommen ist.

  • Ihr Sohn Max Firnbacher konnte das Land noch rechtzeitig verlassen. Er wanderte 1938 nach Palästina, später nach Neuseeland aus. Dort hat er sich mit seiner Familie niedergelassen.
  • Tochter Irma, die 1932 den Arzt Erich Wiesen geheiratet hatte, lebte weit entfernt von Regensburg in Eisenach, wo 1934 ihr Sohn Peter geboren wurde. 1944 wurde die Familie Wiesen nach Auschwitz deportiert. Die 35-jährige Irma und der zehnjährige Peter wurden in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Erich Wiesen überlebte Auschwitz, verließ Deutschland und verbrachte den Rest seines Lebens in New York.
  • Der 15jährige Fritz Firnbacher konnte 1939 noch nach Palästina emigrieren. Von seinem Enkel Dylan Firn erhielten wir die tragische Familiengeschichte der Firnbachers. Sie ist hier nachzulesen.

5. Lina, geb. am 19.03.1885 in Gunzenhausen, heiratet 1909 den Handelsmann Heinrich Flink aus Altenmuhr. Zusammen mit ihrem Mann und dem Sohn Max flohen sie in den 1930er Jahren aus Deutschland und ließen sich in Atlanta, Georgia, nieder. Lina starb 1968. Ihr Sohn Max, geboren am 3. September 1911, starb am 3. Januar 2000. Er wiederum hatte einen Sohn, Barry, geboren am 6. Oktober 1951. Barry und seine Familie leben in der Gegend von Atlanta.

6. Ida, geb. am 31.08.1888 in Gunzenhausen, heiratet Siegfried Luchs. Das Ehepaar lebt um 1939 in Buttenwiesen. Beide wurden zusammen mit Idas Schwester Sophia Anfang April 1942 in Piaski ermordet. Sie hatten zwei Kinder. Brunhilda, geboren am 9. April 1915. Sie wurde zusammen mit ihrem Mann Herbert Ackermann wahrscheinlich 1943 in Auschwitz ermordet. Der Sohn Jack, geboren am 25. Mai 1921, floh in den 1930er Jahren nach New York, USA, war unverheiratet, arbeitete als Kürschner und starb am 15. Januar 2010.

7. Josef, geb. am 16.06.1890 in Gunzenhausen, stirbt am 24.12.1890 in Gunzenhausen.

8. Klara, geb. am 29.09.1893 in Gunzenhausen, heiratet am 25.04.1921 den Kaufmann Anton Spitz, geb. am 01.07.1885 in Weiden. Sie leben um 1946 in Atlanta/Georgia, USA. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Babette, bekannt als Babs und Hans, genannt John.  John starb am 7. November 2014 und Babs am 23. Juni 2016. Beide waren kinderlos.

Das Ladenschild wird im Stadtarchiv Gunzenhausen aufbewahrt
Das Ladenschild wird im Stadtarchiv Gunzenhausen aufbewahrt

Als Vater Bernhard Bermann in den 1870er Jahren von Markt Berolzheim nach Gunzenhausen übersiedelte, wohnte er zunächst in der Burgstallstraße 4 bei der jüdischen Familie Eisen zur Miete. 1878 meldete er sein erstes Gewerbe an, einen Schnittwarenhandel. In dieser Zeit heiratete er und wohnte mit seiner jungen Familie zunächst noch in der Burgstallstraße, wo sie Handel mit Tuch, Schnittwaren, Wolle und Baumwollgarnen betrieben.

Im Jahr 1881 kaufte Bernhard ein freigewordenes Grundstück in der Auergasse 3, auf dem bis 1880 die alte Synagoge der Stadt gestanden war. Nach deren Abriss konnte er an dieser Stelle ein Wohn- und Geschäftshaus bauen. 1883 meldete er dort ein neues Gewerbe an, den Handel mit Leder und Schuhmacherbedarfsartikeln.
Im Jahr 1888 heiratete Max Neuburger, der Bruder seiner Frau Johanna, Fanny Rosenfelder aus Gunzenhausen. Er betrieb zusammen mit Schwager Bernhard den Lederhandel.
Erst im Jahr 1902 beschließen die Bermanns, auch fertige Schuhe zu verkaufen und mieten hierfür einen Laden im Haus Marktplatz 22.

1913 erwerben die Söhne Sigmund und Viktor das Anwesen in der Gerberstraße 8. Sie bauen den Laden um und eröffnen dort das Schuhhaus Bermann.

Da Viktor 1916 im Ersten Weltkrieg fällt, geht sein Anteil an die Eltern über. Doch ab 1919 ist Sigmund alleiniger Besitzer.

Die Eltern leben noch in der Auergasse 3, 1920 stirbt die Mutter Johanna und 1922 wird dieses Haus verkauft. Der Vater zieht dann wahrscheinlich zur Tochter Lina nach Altenmuhr. Dort verstirbt er 1930.

Schon am 25.09.1935 verkauft Sigmund Bermann zusammen mit seiner Frau Lina Haus und Schuhgeschäft in der Gerberstraße 8 an Gustav Hertlein um 26.000 RM. Beide verlassen die Stadt und ziehen nach Regensburg, wahrscheinlich zur Schwester Sophia Firnbacher.

Doch von dort werden sie in das KZ Piaski deportiert, wo sie umkommen. Sie wurden zum 08.04.1945 für tot erklärt.

Auf Anfrage vom 22. Juli 2003 im Stadtarchiv Regensburg teilte Herr Hubert Troidl, der Bibliothekar uns folgendes mit: Das "Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" (Koblenz, 1986) enthält unter Firnbacher u. a. folgenden Eintrag: "Firnbacher, Sofie, geb. Bermann Regensburg 14.01.84 verschollen Piaski" (Bd. 1, S. 330).
In den Adressbüchern der Stadt Regensburg lassen sich möglicherweise weitere Informationen finden.


Serdar Ceylan und Alexander Mederer

Nachkommen der Familie Bermann

2012 hat sich ein weiterer Nachkomme der Familie Bermann bei uns gemeldet. Es ist John Spitz aus South Carolina.

Er schrieb

Ich habe Informationen für Sie zur Familiengeschichte der Bermanns, denn ich bin der Sohn von Klara Bermann, geboren 1893. Meine ältere Schwester Babette Wilmers, wohnt in Kalifornien. Ich lebe heute in South Carolina. Wir sind in Weiden/ Oberpfalz 1922 und 1926 geboren…

Gunzenhausen haben wir mehrere Male besucht, als ich fünf oder sechs Jahre alt war, ich erinnere mich noch an meinen Urgroßvater Bermann und ich erinnere mich an das Haus und das Äußere des Ladens. Meine Erinnerung an die Gerberstraße ist allerdings eher ein Quadrat als eine Straße. Wir besuchten auch die Flink Familie in Altenmuhr, das war die Schwester meiner Mutter.

Mein Vater, sein Bruder und seine Schwester führten ein Geschäft für Männer-, Frauen- und Kinderschuhe, dazu einen ganzen Großmarkt mit Leder und Schusterwerkzeugen für die Schuster in den umliegenden Dörfern und Städten. In einer Lagerhalle befanden sich Kuh- und Kalbshäute, welche behandelt und zur Schuh Fabrik transportiert wurden. In Weiden besaßen sie auch ein Kino.


Wir emigrierten 1934, genauer gesagt, sind wir dreimal geflüchtet:

Zunächst flohen wir von Weiden nach Marienbad, im Januar 1934.
Danach von Marienbad nach Prag im September 1938, 24 Stunden vor der Ankunft der deutschen Armee.
Als nächstes von Prag nach New York, über Amsterdam, London, Southampton, im März 1939, 12 Tage vor der deutschen Armee.

In Atlanta, Georgia haben wir uns zuerst angesiedelt. Im ersten Jahr arbeitete mein Vater als Nachtwächter, meine Mutter und Schwester als Näherinnen in einer Textilfabrik. Danach erhielt mein Vater ein Darlehen und sie konnten ein Lebensmittelgeschäft kaufen. Das betrieben sie zehn Jahre, bis sie im Jahr 1950 in den Ruhestand gehen konnten.

In diesem Laden arbeiteten wir alle, meine Schwester aber nur bis sie heiratete und im Jahr 1942 nach Miami zog. Das Geschäft war Montag bis Freitag von 07:00 bis 19:00 offen und samstags von 07:00 bis 22:00. Es war ein Full-time-job.

Meine Schwester hatte keine weitere Schulbildung in den USA.

Ich besuchte die Duke University und erhielt den BA-Abschluss 1948 in Politikwissenschaften.
Danach arbeitete ich von 1949 - 1952 für die Regierung in Deutschland (Heidelberg)
Von 1954 - 1955 war ich für die US-Army in Deutschland, in Huenfeld (Hessen).
Von 1956 - 1961 war ich in den Vereinigten Staaten im Warenhaus-Merchandising beschäftigt.
Im Jahr 1962 bin ich wieder zurück an die University of Tennessee, wo ich 1967 den PhD in Wirtschaft bekam.
Danach arbeitete ich am  Roanoke College.

Im Jahr 1982 starb unsere Mutter in Miami…
Weder meine Frau und ich noch meine Schwester haben Kinder…
1992 haben meine Frau und ich Gunzenhausen besucht und sind im Rathaus empfangen worden.

Dieses Bild von der Familie Bermann (um 1900) sandte uns John Spitz im Mai 2013

von links nach rechts:

Ida, nach Piaski deportiert und dort umgekommen
Mutter Johanna, gest. 1920
David, getötet 1912, Raubmord
Viktor, gefallen 1916
Vater Bernhard, gest. 1930
Sigmund, umgekommen in Piaski
Klara,  gest. 1982, Miami (Mutter von John Spitz)
Lina,  gest. ca. 1962, Atlanta
Sophia, verheirate Firnbacher, umgekommen in Piaski (Großmutter von Leigh Firn)

Dr. Leigh Firn besuchte als erster Nachkomme der Familie Bermann die Heimat seiner Vorfahren. Diese wohnten hier in Auergasse 3 und Gerberstraße 8.

Hier steht das Ehepaar Firn vor dem Haus, das die Familie Bermann um 1880 gebaut hat, nachdem die alte Synagoge, die vorher dort gestanden hatte, abgerissen worden war.

Leigh kam aus Boston zusammen mit seiner Frau Karen, die dort als Kinderärztin arbeitet. Er ist der Enkelsohn von Sophia Bermann aus der Auergasse 3. Sie hatte Leopold Firnbacher aus Regensburg geheiratet und ist 1943 im KZ  Piaski verschollen.

Ihr Sohn Max - der Vater von Leigh Firn - ist wegen des Hitler Regimes nach Palästina ausgewandert, hat dort seine Frau kennengelernt und beide sind sechs Monate später nach Neuseeland umgesiedelt. Sie hatten auf der Weltkarte das Land gesucht, das am weitesten von Deutschland entfernt ist.

In der Hauptstadt von Neuseeland, in Wellington, ist Leigh Firn geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat Jura studiert.  Im diplomatischen Dienst war er in verschiedenen Ländern unterwegs. Als er in den USA war, begann er dort Medizin zu studieren, wurde Internist und arbeitete am MIT (Massachusetts Institute of Technology). Sein Aufgabengebiet war zu prüfen, ob der Ablauf medizinischer Versuche an Versuchspersonen ethisch korrekt aufgebaut ist.

Heute ist er im Ruhestand und sie leben immer noch in Boston. Das Ehepaar hat drei erwachsene Kinder und verbringt jedes Jahr den Winter in Neuseeland, wo sie ein Haus besitzen, denn die Eltern haben bis zu ihrem Tod dort gelebt.

Leigh erforscht seit fast 50 Jahren die Geschichte seiner Vorfahren und die verwandtschaftlichen Beziehungen weltweit.

Neu war für uns, dass er mit der Familie von Richard Hellmann verwandt ist. Dessen Frau Betty, geb. Löwensteiner aus Markt Berolzheim, hatte einen Onkel mütterlicherseits, der in Regensburg lebte. Es war Leopold Firnbacher, der Sophia Bermann geheiratet hat. Sie waren die Großeltern von Leigh Firn.

Mit Betty‘s Sohn, Stanley Hellmann aus Baltimore, seinem Cousin 2. Grades , steht er in gutem Kontakt.

Betty’s Bruder ist ebenfalls in die USA emigriert, wo sein Sohn Steven M. Lowenstein Professor für deutsche Geschichte wurde. Sein Hauptgebiet war die Geschichte der Juden in Deutschland, worüber er etliche Bücher geschrieben hat. Einige davon sind auch auf Deutsch erschienen.

 

Leigh Firn hat nach seiner Rückkehr in die USA beschlossen, eine Gedenktafel für den jüdischen Friedhof anfertigen zu lassen. Die Grabsteine seiner Vorfahren waren von den Nazis abgebrochen und zerstört worden.

Im März 2023 wurde sie von Steinmetz Roll an der Friedhofsmauer angebracht.

 

 

 

Die näheren Umstände des Todes von David Bermann

Herr Heinrich Frank aus Viechtach hat uns freundlicherweise Auszüge aus seinem Buch "Der Raubmord am Girnbauern von Höbing" zur Verfügung gestellt. Sehr detailliert hat er darin die Umstände dargelegt, die Karl Bradl zum Mörder an zwei Männern werden ließen. Einer davon war David Bermann, der älteste Sohn des Kaufmanns Bernhard Bermann aus Gunzenhausen.

"... Der 58 Jahre alte Sattlermeister Karl Bradl, geboren 1843 in Straubing und in Viechtach verheiratet in zweiter Ehe mit Josefa Maier aus Thalersdorf, kam durch einen Brand im Jahre 1891 und später wegen zweier Zivilprozesse in große finanzielle Schwierigkeiten. [ii] Bradl, an sich kein Geschäftsmann, verliert bald die Übersicht über seine Hypotheken und privaten Schulden. Die Schulden erreichen zuletzt eine größere Summe als sein Anwesen an Wert hat. Jetzt meldet sich auch noch der Rohwarenlieferant Bermann aus Gunzenhausen und will bei Bradl für nicht bezahlte Lieferungen abkassieren. Für Karl Bradl steht damit fest, der Geschäftsmann und Jude Bermann ist an allem schuld und er will ihn, in der Überlegung, dass Bermann einiges Geld bei sich trägt, mit Hilfe seines ältesten Sohnes Max beiseite schaffen. Bermann hat bei Sattlern und Schuhmachern tatsächlich keinen guten Ruf. Er gewährt erst großzügige Kredite, um anschließend überhöhte Zinsen zu einzutreiben.

Als nun der 22-jährige David Bermann am 18. November 1902 Karl Bradl in seinem Haus in Viechtach, Marktplatz Nr. 4, wegen ausstehender Schulden aufsucht um abzukassieren, wird er von Karl Bradl und seinen Söhnen Max und Adolf in der Werkstatt erwürgt. Weil der junge David Bermann schon einmal über Wochen abgängig war, wird anfangs seine Abwesenheit auch aus dieser Sicht betrachtet. Die Familie Bermann [iii] setzt aber eine Belohnung von 200 Mark für sachdienliche Hinweise aus, die sie kurz darauf auf 400 Mark erhöht.

Das Verschwinden von David Bermann wird anfänglich der u. a. im hiesigen Raum tätigen Schmadererbande zugeschoben. Josef Schmaderer und einige seiner Genossen waren im November 1901 nachweislich in Viechtach aktiv. Der Vater von David Bermann, Bernhard Bermann, kann jedoch im Polizeipräsidium in München keine der bei dieser Bande eingezogenen Gegenstände identifizieren.

Durch die Aussage einer aufmerksamen Frau wird der Raubmord dann recht schnell aufgeklärt. Das kgl. Bezirksamt notiert: [iv] Viechtach, den 23. Dez. 1902 1. Heute, 8 ½ rapportierte Wachtmeister Bauer folgendes: „Gestern Abend erfuhr ich ... von der Inwohnerin Altmann, die bei Bradl wohnt, daß am 18. Nov. gegen 11 Uhr Vormittag Bermann zum zweiten Male zu Bradl in die Werkstätte kam. Bald darauf habe sie ein gurgelndes Geräusch aus dieser gehört, schaute hinüber und sah jemand am Boden liegen ... Sie lief zu Frau Bradl und fragte, was denn los sei, worauf diese erwiderte, es sei nur der Reisende hinten, da werde es halt was geben. Bald darauf sah Altmann, daß die beiden Bradl eine Graskürbe mit Seegras bedeckt herausbrachten und fortfuhren. Sie dachte, was müsse denn das sein, daß die Zwei an der Kürbe so schwer tragen ...“. Wachtmeister Bauer wurde angewiesen, sofort Haussuchung zu halten ... kgl. Bezirksamt J.V. Fischer

Der Amtsrichter am Amtsgericht Viechtach erlässt am 23. Dezember 1902 gegen Karl Bradl und seinen 22-jährigen Sohn Max Haftbefehl. Die beiden Bradl bestreiten zuerst, den Bermann umgebracht zu haben. Aufgrund der erdrückenden Beweise machen sie dann aber ein umfassendes Geständnis. Die Leiche des Bermann wird am 10. Februar 1903 in Chamerau aus dem Regen gefischt.

... Bradl und sein Sohn Max werden am 15. Mai 1902 wegen Raubmordes an David Bermann in Straubing hingerichtet.

Darüber schreibt das Chamer Tagblatt in einer etwas idealisierten Fassung folgende Zeilen:

Straubing, 15. Mai. Die beiden Raubmörder Bradl wurden heute früh halb 7 Uhr im Hofe des Landgerichtsgefängnisses hingerichtet. Zuerst wurde der 22 Jahre alte Max Bradl, von 2 Geistlichen begleitet, in den Hof geführt. Mit ruhigem Blick musterte er die Anwesenden und bestieg, obwohl er heute Früh sichtlich gebrochen war, mit ziemlich sicherem Schritt, geführt von zwei Scharfrichtergehilfen und den beiden Geistlichen geleitet, das Gerüst. In der Nacht hatten die beiden Verurteilten ruhig geschlafen. Vor ihrem Tode hatten sie noch ... die Sterbesakramente empfangen und der junge Bradl darauf mit gutem Appetit sein Frühstück genommen. Die Morgensonne sandte ihm noch den letzten Gruß, als ihm im Hofe der Urteilstenor nochmals vorgelesen wurde. Die Hinrichtung selbst war in wenigen Sekunden vollzogen. Das Fallbeil wurde hierauf oberflächlich gereinigt und bezüglich seiner Schärfe einer Kontrolle unterzogen, die zu keiner Beanstandung führte. Alsdann wurde der Vater des Gerichteten, der 60jähr. Karl Bradl herbeigeführt, der mit stupiden Blick während der Verlesung des Urteilstenors die Umstehenden musterte. Ein Beben ging durch seinen Körper, als sich die Henkersknechte seiner bemächtigten, und der alte, schon ganz ergraute Mann fing an zu weinen. Inbrünstig küßte er das ihm dargereichte Kruzifix. Zur Hinrichtung waren außer den Urkundspersonen nur wenige Zuschauer, die sich aus Aerzten und Vertretern der Presse rekrutierten, zugelassen. Die Leichen der Gerichteten wurden unter kirchl. Assistenz auf dem Friedhofe beerdigt. Vor der Frohnfeste hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt ... "

___________________________________________________________________________ Quellen

[I] Staatsarchiv Landshut/Rep.167/1 Nr.1088/LG Deg.: Die Angaben zu dem Fall wurden u. a. hier im Zusammenhang mit dem Girnbauernmord entnommen | Unter Rep. 164/18 Nr. 344/Akten d. Bezirksamtes Viechtach „David Bermann“ sind Ermittlungsakten der Gendarmerie Viechtach eingelagert. Hier sind auch einige Ausgaben des „Viechtacher Wochenblatt“ zu dem Mord eingelegt | Aus „Viechtacher Bürger und ihre Häuser“ v. Spitzenberger E. Band 1, 1995 | Aus „Schöner Bayerischer Wald“ Nr. 74, 1990: „Glaubwürdiger Bericht über eine furchtbare Mordtat, verübt am 18. Nov. 1902 in Viechtach“

[II] Lit.: „Tollkirschen im Blaubeersaft“ von Dachs Johann, 1995 (Enkel v. Michl Dachs) | „Die Baumhölzl-Chronik von Viechtach“ von Pohl Werner, Heft 13, 1977

[III] Aus „Viechtacher Bürger und ihre Häuser“ v. Spitzenberger E. Band 1, 1995: Das Anwesen Bradl befand sich am Stadtplatz Nr. 4, jetzt Elektro Fronhofer

[IV] Stadtarchiv Gunzenhausen: Bernhard Bermann, geb.1849 in Thalmassing, Handelsmann, gest.1930 in Altenmuhr; verheir. mit Johanna Neuburger, geb. 1857 in Thalmassing, gest.1920 in Gunzenhausen. Dessen Kinder: 1. David, geb. 2.7.1879 in Gunzenhausen, Handlungsreisender, 1902 in Viechtach ermordet; 2. Viktor, geb.1881, gef. 1916 in Maurepas; 3.Sigmund, geb.1882, Schuhhändler, verheir. mit Lina Lemle, 1935 nach Regensburg verzogen, verschollen im KZ Piaski; 4. Sophia, geb.1884, verheir. mit Leo Firnbacher aus Regensburg, war 1939 dort noch ansässig; 5. Lina, geb.1885, verheir. mit Heinrich Fink aus Altenmuhr; 6. Ida, geb.1888, verheir. Luchs, lebten in Buttenwiesen; 7. Josef, geb.1890, gest.1890; 8. Klara, geb.1893, verheir. mit Anton Spitz aus Weiden, nach Atlanta ausgewandert. Gewerbe der Familie Bermann: u.a. Tuch- und Schnittwarenhandel, Wollhandel, Baumwollgarnhandel, seit 1883 Lederhandel, seit Okt. 1902 Schuhwarenhandel; 1935 Gewerbeabmeldung und Verkauf des Schuhhauses durch Sigmund Bermann

[V] Staatsarchiv Landshut/Rep.164/18 Nr.344/Akten d. Bezirksamtes Viechtach

[VI] Stadtarchiv Cham/Chamer Tagblatt 12.3.1903